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KMV   /   Kalendergeschichte 2024

Das Souvenir

Es war ein sonniger Sommertag. Der richtige Tag für einen Ausflug von Garda, unserem Urlaubsort, nach Verona. Man gönnt sich ja sonst nichts, hatte ich freudestrahlend zu meinem Mann gesagt und er willigte ein. 

Nach dem Frühstück fuhren wir los. Mühelos erreichten wir diese pittoreske Stadt. 

Wir schlenderten durch die historischen Gassen und fanden die Casa di Giulietta. Millionen Touristen besuchen jedes Jahr Julias Haus. Das wollte ich sehen. 

Im Eingangsbereich beobachtete ich ein Pärchen, das an der gewölbten Decke einen Spalt in der Wand für ihre Liebesbotschaft suchte und wie ein unleserlich aussehendes Zettelchen von der Wand abfiel. Schicksal. 

Als wir den Innenhof betraten, sahen wir direkt auf eine vergoldete Bronzefigur, vor der sich eine Menschentraube gebildet hatte, die über die Büste der Julia streichen möchte. 

Um dem Trubel zu entgehen, gingen wir in das im Haus befindliche Museum. Julias Bett war in einem Zimmerchen aufgestellt. Mit ein wenig Vorstellungskraft und einem Auge zudrücken, wird es wohl wahr sein? Ich unterdrückte ein Kichern. 

Eine Etage höher stellte ich mich auf den berühmtesten Balkon der Literaturgeschichte, auf dem Julia auf Romeo gewartet haben soll. Ich machte ein Selfie, denn die nächsten Touris standen Schlange. 

Und ja, Klaus und ich konnten es vor dem Verlassen des Hofes auch nicht lassen über Julias abgegriffene bronzefarbene Büste zu streicheln. Warum sonst macht man diesen Ausflug. 

Wir bummelten durch die Altstadt und kamen zur Arena di Verona, die ich mir so ähnlich wie das Kolosseum in Rom vorstellte. Der aus der Römerzeit genutzte Schauplatz für Gladiatoren- und Tierkämpfe bewegte mich. Gruselig war das gewesen. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper.

Auf dem Vorplatz der Piazza Brà tummelte sich wie überall in der Stadt eine Menschenschar. Ich war sofort gefangen von der melodischen Klangfarbe der italienischen Sprache, die in mir nachschwang. 

Es war Markttag. Direkt am Eingang fiel mir ein Brunnen aus Keramik auf. Den möchte ich haben, hatte ich zu Klaus gesagt, der mich durch das Gewimmel zu den nächsten Marktbetreibern, die Gemüse, Obst und Blumen an ihren Ständen anboten, zog.

Der Duft nach frischen Gewürzen, Kräutern, Käse, Pizza und Pasta stieg mir in die Nase. An „Paolas“ Leckereien blieben wir stehen und während Klaus bestellte, schaute ich zum gegenüberliegend aufgebauten Tisch. Ausgefallene von Hand bemalte Teller, Tassen, Schüsseln und Schälchen für Oliven glänzten in der Sonne und versprühten den unverwechselbaren mediterranen Charme. 

Ich biss ein Stück der köstlich mit Oliven und Artischocken belegten Pizza ab, als wir einen Schrei hörten. 

Es war kein Schrei, es war der Wutausbruch des Käufers einer Keramikflasche. Auf dem Boden lag der zerbrochene Flaschenhals. Mit hochroten Köpfen stritten sich Marktbeschicker und Käufer. Aus den Gesichtsaus­drücken und Gebärden schloss ich, dass der Mann sein Geld zurückforderte. Ein neben uns stehender Tourist aus Deutschland übersetzte uns die wortgewandte Streiterei. Der Verkäufer hatte, ohne darauf zu achten, die Flasche in die mitgebrachte Tasche des Mannes packen wollen. Der filigrane Flaschenhals war am spitz hochstehenden Autoschlüssel, den der Käufer in der Hand hielt, hängengeblieben, abgebrochen und auf den Pflastersteinen zerbrochen. Bevor es zu einer Rangelei kam, hatten sich die Streithähne geeinigt und der Käufer zog grinsend mit einer neuen Flasche von dannen. 

Die Auseinandersetzung hatte mich aufgewühlt. Auf dem Weg zum Auto, sah ich meine Chance, zu dem Keramikbrunnen zu kommen. Denn zu meiner Beruhigung war es, so sagte ich zu meinem Mann, zwingend erforderlich, ja es sei lebensnotwendig 😀, dass wir dieses Einzelstück kaufen müssten. Gesagt. Getan. Dick mit Zeitungspapier umwickelt und im Rucksack verpackt, trug ich das Souvenir unbeschadet zum Auto. © KMV  17.06.2024

Liebe Leser*innen, welche Urlaubserinnerungen habt ihr? Über eure Mail freue ich mich. 😀